Märchenfee

Die Mär vom billigen Reichtum

Martina Schneider

Wie schön ist es doch schöne Dinge zu besitzen. Und noch schöner ist es, wenn man viele schöne Dinge besitzt die möglichst wenig Geld gekostet haben. 🥰

Ist das wirklich so? Stellen wir uns eigentlich auch die Frage was mit den Menschen ist, die hinter diesen billigen schönen Dingen stecken? 🤔

Nein, meist nicht! 😢
Und das ist traurig! Leider denken viele Menschen nicht über die Geschichten hinter den Menschen nach. Was viele jedoch nicht wissen, damit setzen sie selbst ihren eigenen finanziellen Teufelskreis in Gang.

Gewagte Theorie Martina! 😂

Wirklich? 🤔

Preise vergleichen ist schließlich wichtig und kein Verbrechen! ☝️Natürlich, es gibt immer jemanden der es billiger macht. 🤷‍♀️
Und in wie fern hat mein eigenes Konsumverhalten etwas mit meinem eigenen finanziellen Teufelskreis zu tun? 🤔

Je weniger ich für die schönen Dinge bezahle, desto mehr Dinge kann ich mir leisten. 😬

Das ist korrekt. (Nicht gruseln, ich diskutiere sehr oft mit mir selbst) 🙈

Aber (doch, aber!), damit ich billig einkaufen kann, muss jemand anderes billig produzieren. Richtig? Richtig! ☝️

Wenn nun aber etwas billig produziert wurde, bedeutet das doch auch, dass irgendwo in der Kette, meist am Ende der Kette, jemand sitzt, der nur noch Krümel bekommt. Und jetzt frag' dich doch mal, wie viele Krümel braucht man für einen Kuchen? Viele? Viele!

🎂

Das letzte Glied in der Kette muss also viele Krümel beschaffen um endlich einen Kuchen zu haben. Und ich kann dir sagen, viele sterben noch bevor sie einen Kuchen haben. 😔
Ich weiß, das juckt die wenigstens. Was geht mich irgendein Mensch an. 🙄
Nichts. Da hast du recht. Oder warte, nein, du hast unrecht. Dieser Mensch geht dich sehr wohl an. ☝️

Weil?

Wir uns alle in einer Spirale befinden! 

Entweder arbeitest du in einem Unternehmen, dass mit der Produktion oder dem Verkauf von Produkten sein Geld verdient oder eine Dienstleistung anbietet. Oder du bist selber selbständig und verdienst dein Geld mit der Produktion oder dem Verkauf von Produkten oder eine Dienstleistung. Fakt ist aber, alle Unternehmen sind darauf angewiesen, dass jemand die Produkte oder Dienstleistung kauft. Das können Menschen aber nur dann tun, wenn sie das Geld dafür haben.

Das was das Letzte Glied in der Kette hat, wird das sein, was du am Ende selber haben wirst. Hui, das klingt philosophisch! 

Stellen wir dazu folgende Frage:

Macht es wirklich Sinn immer Preise zu vergleichen?

Die Frage kann man mit Ja und Nein beantworten.


Ich möchte das aber mal an einem Beispiel veranschaulichen. Denn sonst wäre der Blogbeitrag hier schon am Ende.

Etwas, dass ich beinahe täglich sehe und über das ich mich immer wieder wundere, sind Händler und Händlerinnen auf Etsy, die ihre handgefertigten Produkte zu teilweise schwindelig niedrigen Preisen anbieten.

Und warum tun sie das?

Meist, weil sie von richtiger Preiskalkulation keine Ahnung haben und auch nicht wissen, dass sie genau mit diesem Nichtwissen ihre eigene soziale Spirale in Gang setzen.

Häh?

Ich könnte das jetzt mit einem kurzen Satz erklären, finde aber ein Beispiel dazu besser nachzuvollziehen wie ich auf diese steile These komme.

Nun, nehmen wir an eine Frau fertigt gewerblich Modeschmuck und verkauft diesen auf Etsy. Nennen wir diese Frau Martina. (Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind natürlich reiner Zufall;))

Damit wir auch alle einen Bezug zu ihr bekommen, geben wir ihr auch ein Gesicht:

(wenn sich jetzt jemand optisch erkennt und Martina heißt, wäre das echt ein enormer Zufall, das Bild wurde von einer KI erstellt!)

Sie findet in einem Shop einige interessante Schmuckteile für eine Kette, die sie gerne fertigen möchte. Allerdings sind ihr die Schmuckteile bei diesem Händler etwas zu teuer. 🤔
Nun begibt sie sich auf die Suche nach einem Shop (oder Shops), der/die diese Schmuckteile günstiger anbietet. Das ist bei Etsy, eBay oder und Co auch nicht unwahrscheinlich, dass sie recht bald erste Angebote findet, die günstiger sind. Sie möchte auch unbedingt bei einem deutschen Händler kaufen (🙌), vor allem weil sie nicht 2-3 Wochen auf die Schmuckteile warten möchte. Bis dahin hätte sie die Idee wahrscheinlich ohnehin wieder verworfen. 😂

Sie hat natürlich schnell diverse Shops gefunden die den ein oder anderen ihrer Artikel, die sie für ihre Kette haben möchte, günstiger anbieten und nach ca. einer Stunde Suche und Recherche, kauft sie die Produkte in insgesamt 3 anderen Shops und spart tatsächlich unter dem Strich 3,- Euro. 💪
Toll. Und damit man so viel sparen kann, weil ja jeder Shop meist Versandkosten berechnet, kauft man viel mehr als man eigentlich braucht. 🙄 Nur einen Artikel in einem Shop zu kaufen wäre auch unwirtschaftlich. Ich glaube dazu schreibe ich auch mal einen Artikel. 😉 Hat aber mit dem Thema hier nichts zu tun, ich berücksichtige also nur die reinen Artikelpreise für mein Beispiel!

Nun kann sie die Kette fertigen und hat insgesamt 3,- Euro weniger für das Material ausgegeben, als sie hätte ausgeben müssen, wenn sie das Material in dem einen Shop gekauft hätte. 😇

Hurra, Geld gespart! 🙈

Die Kette ist fertig und sie hat dafür 1 Stunde Zeit benötigt. Da sie ein bescheidener Mensch ist 🫣 - ja gut, weil es ein Beispiel ist - und halt auch keine Ahnung von Preiskalkulation hat, veranschlagt sie für die eine Stunde Arbeit 20,- Euro Stundenlohn. So, wer verdient schon 20,- Euro die Stunde? 👍

Da das Material für die Kette nicht 18,- Euro gekostet hat, sondern nur 15,- Euro 😇, schlägt sie für das Material nochmal 25,- Euro auf den Stundenlohn auf. (Ja, man muss ja doch irgendwie die bezahlten Versandkosten berücksichtigen)
Sie bietet die Kette also bei Etsy für günstige 45,- Euro an. Ihr findet das nicht günstig? Come on, das ist keine Chinesin die in Zehjang wohnt, schau noch mal auf das Bild! 👆
Das Porto kostet 1,60 Euro und der Karton 0,25 Euro. Ergo nimmt sie für den Versand 1,95 Euro.
Sie will fair sein (😇) und der Kundin oder dem Kunden nicht viel mehr für den Versand berechnen, als sie wirklich selber bezahlt. 🦸‍♀️

Toll. 👍
Eine Käuferin ist schnell gefunden. 🫶
Nach nur 3 Wochen ist die Kette also für 45,- Euro verkauft. Das läuft doch super. 🥳
Sie verpackt die Kette und bringt diese zur Post.🏃‍♀️

Bis hierher liest sich doch alles so, als wäre es perfekt gelaufen. 👩‍💻

Echt? Ist es das? 🤔

Schauen wir doch mal etwas genauer hin. 🧐

Sie hat für die Kette von der Kundin 46,95 Euro inkl. Versand bekommen. 👀
Von diesem Betrag bleiben nach Abzug der Etsygebühren 40,49 Euro übrig. (Jaaa, Etsy nimmt Gebühren und zwar eine prozentuale Verkaufsprovision und eine prozentuale Transaktionsgebühr für die Abwicklung der Zahlung) 👛
Dann ziehen wir noch das Porto in Höhe von 1,60 Euro und den Karton, den sie für 0,25 Euro gekauft hat, ab und es bleiben 38,64 Euro übrig. Hui. Sieht nicht mehr so viel aus. Davon ziehen wir nun auch noch die 15 Euro für das Material ab, bleiben also 23,64 Euro übrig. 🥴


Immer postiv denken, oder? Sie hat ja sogar 3,64 Euro mehr für die Stunde Arbeit bekommen, als sie ursprünglich haben wollte. 🥳
Äh... nein! Pack die Partytröte wieder weg.
Von den 10,- Euro, die sie ursprünglich auf das Material aufgeschlagen hatte, sind nur 3,64 Euro übrig geblieben. So wird ein Schuh draus. 👠
Das dürfte nicht mal die gesamten Versandkosten decken, die sie bezahlt hat, aber als Visionärin hatte sie ja ohnehin mehr gekauft als nur das Material für diese Kette und holt sich beim nächsten Projekt noch mal etwas mehr zurück. ☝️
Ok, aber sie hat einen Stundenlohn von 20,- Euro erzielt, das ist doch gut! 🤩
Auch falsch ⁉️
Sie hat keinen Stundenlohn von 20,- Euro erzielt. 🧐

Erinnern wir uns doch mal zurück, sie hat 1 Stunde dafür benötigt die Produkte in anderen Shops günstiger zu finden. Hätte sie die Schmuckteile im ersten Shop gekauft, dort wo sie teurer waren, hätte sie zwar 3 Euro mehr für das Material ausgegeben, aber eine Stunde Zeit gespart. Ja, sie hate auch andere Produkte geshoppt, aber unter dem Strich eben deshalb länger gebraucht. Aber sie hätte wahrscheinlich nur die 3,50 (die jetzt ja übrig waren) für den Versand bezahlt und vor allem eine Stunde mehr Zeit für andere Dinge gehabt. Sie hat also nicht nur eine Stunde für die Kette an Zeit benötigt, sondern eigentlich zwei Stunden!

In dieser einen Stunde, wo sie mit Recherche beschäftigt war, konnte sie weder etwas produzieren noch etwas einstellen und/oder verkaufen.
Und was ist mir der Zeit, die sie benötigt hat um die Fotos von der Kette zu machen und diese Fotos zu bearbeiten? Um den Text für die Produktbeschreibung anzufertigen?
Messen, Materialien aufzählen etc. pp.? Die Zeit, die sie damit verbracht hat die Kette zu verpacken und zur Post zu bringen?
Etwaiige Kundenanfragen zu beantworten?
Die Zeit, die sie damit verbringt das Verpackungsmaterial zu beschaffen? War das verwendete Werkzeug eigentlich kostenlos?
Wie sieht es aus mit den Kosten für das Internet?
Hat sie eine Krankenversicherung? Rentenversicherung? Wo werden die Bilder gespeichert? Ach Mann! Was da alles dranhängt wenn man mal so darüber nachdenkt. 🤔
Bleiben wir mal bei der reinen Arbeitszeit.
Rechnen wir also auch die Zeit für die Produktbeschaffung, das Fotografieren, die Bildbearbeitung, dem Messen und Verfassen der Beschreibung, das Verpacken und zur Post bringen als Arbeitszeit zur Kette hinzu, kommen wir auf eine Arbeitszeit von locker 2,5 Stunden! 😲

Wenn sie also 20 Euro für die gesamte Arbeitszeit bekommen hat, hat sie nach Adam und Riese (und jedem anderen der einen Taschenrechner bedienen kann) einen effektiven Stundenlohn von sage und schreibe ACHT Euro! 😭
Von diesen 8 Euro gehen dann anteilig anfallende Kosten ab wie Internetnutzung, Strom, Krankenkasse und Rentenversicherung ggf. andere Versicherungen. Kosten für Arbeitsmaterialien. Und wenn sie Hauptberuflich selbstständig ist, muss sie von den 8 Euro auch noch Steuern (Einkommenssteuern) bezahlen und ggf. sogar 19% Mehrwertsteuer vom erhaltenen Kaufbetrag abführen.
Ja warte mal.... 🤔
dann kann es ja sogar schnell ein Minusgeschäft werden! 😱
Aber sie kann ja die MwSt, die sie ausgegeben hat gegenrechnen. ☝️
Öhm... gegenrechnen kann sie nur die Mehrwertsteuer, die sie für das Material bezahlt hat, also round about 2,39 Euro. 🤨
Abführen muss sie jedoch um die 7,50 Euro, nämlich 19% vom Gesamtbetrag - jaaaa auch von den berechneten Versandkosten! -, den sie von der Kundin erhalten hat. 😏
Die Etsygebühren sind steuerbefreit wenn man Vorsteuerabzugsberechtigt ist, als Kleingewerbler muss man die MwSt allerdings noch zusätzlich auf die Etsygebühren an das zuständige Finanzamt entrichten (Reverse-Charge). Nur dann kann man da was gegenrechnen, was aber 0 Effekt auf irgendwas im Portemonnaie hat. Da kann man sich drehen wie ein Wurm, ihr bleiben keine 8 Euro die Stunde übrig. 🤷‍♀️

Immer noch wow? 🤔

Und hier sind wir wieder an dem Punkt, ob ein Preisvergleich immer sinnvoll ist. Und ob es immer richtig ist, immer möglichst bllig zu kaufen.

Meiner Meinung nach nein. Wenn ich immer nur das billigste kaufe, dann geht das immer zu Lasten von Menschen. Meist Menschen die einfach keine Ahnung haben, wie man Preise richtig kalkuliert, aber Menschen, die von ihrer Hände Arbeit unter dem Strich nicht leben können und dann wiederum selber nach dem Billigsten Ausschau halten müssen. Ein Teufelskreis also, den im Prinzip jeder selbst in Gang setzt durch sein Verhalten. 🤷‍♀️

Eine Händlerin, die ein paar Stunden BWL hatte, oder auch einfach mal länger als 10 Sekunden nachdenkt, hätte in diesem Fall gewusst, dass sie a) nicht nur eine Stunde für die Kette benötigt hat und b) 20 Euro brutto die Stunde einfach zu wenig ist, schon alleine wegen der ganzen Sozialabgaben die man als Selbständige alle stemmen muss.
Außerdem muss man ja auch noch ein paar weitere Fragen stellen. Was ist, wenn der Artikel 2 Jahre auf einen Käufer warten muss?
Ich benötige evtl. auch Lagerplatz. Wie lange möchte oder kann man so ein Produkt einlagern?
Was wenn niemand diesen Artikel haben will?
Was wenn jemand von seinem Widerrufsrecht gebrauch macht? Ich muss ja auch die mir bezahlten Hinsendekosten zurück erstatten. Was wenn der Brief verloren geht? Ich muss dann ersetzen! 😨
Wenn ich meine Preise also sehr knapp kalkuliere, haut mir ein Verlust der Sendung, ich muss dann nämlich erstatten, doch ein Loch in meine Kasse. Oh nein, die Kette ist kaputt gegangen nach 3 Monaten. Was nun? Ich muss reparieren? Ersetzen? Wurde das alles berücksichtigt? 😟

Ich sage euch, in den meisten Fällen wurde über all das gar nicht nachgedacht! 😵‍💫
Sehe ich in den Facebookgruppen, wenn mal wieder jemand fragt, was er tun soll wenn was "angeblich" verloren ging oder kaputt gegangen ist.
Meist wird ja dem Kunden unterstellt zu lügen. 🤥
Ja gut, das kommt sicher auch vor, aber kannst du das beweisen? 👮‍♀️

Die Frage die dir jetzt sicherlich auf den Nägeln brennt: wie hoch wäre denn der richtige Stundenlohn? 🙋‍♀️
Eine Frage die ich nicht pauschal - und vor allem nicht für andere - beantworten kann. Das hängt nämlich von vielen Faktoren ab, ob man ein Kleingewerbe hat  oder nicht z.B., also ob man die MwSt. von den Einnahmen abführen muss oder nicht. Ob man sich privat kranken- & rentenversichern muss. Und so weiter und so fort. Alles das muss man bei der Preiskalkulation immer berücksichtigen. 🤷‍♀️

Fazit, nicht immer ist es sinnvoll beim billigsten Anbieter zu kaufen. Meine Händlerin hätte eine Stunde Zeit gespart, hätte sie einfach bei dem Anbieter gekauft, der es etwas teurer angeboten hat. In dieser Stunde, die sie an Zeit dafür aufgewendet hat, hätte sie etwas anderes anfertigen können oder einfach Zeit mit ihrer Familie verbringen können. Sie hätte in dieser Zeit auch etwas für sich selbst kaufen können und somit wieder Geld in die Wirtschaft getragen, was wiederum dafür gesorgt hätte, dass noch jemand anderes etwas Geld verdient hat. Niemand hat ein zweites Leben im Koffer. 

Wenn du das nächste mal, z.B. bei Etsy, etwas siehst, was es bei einem anderen Verkäufer so ähnlich zu einem deutlich niedrigeren Preis gibt, dann denke daran, dass die Person mit dem deutlich höheren Preis nicht, wie es vielen im ersten Moment denken, einfach nur gierig ist, sondern die Person den deutlich höheren Preis verlangt, weil sie oder er einfach nur die Preise richtig kalkuliert hat und kostendeckend arbeiten möchte. Das nichts mir Gier zu tun!


Unterstütze Handmade und denke um. Billig kaufen ist schön, Geld sparen ist schön, aber denke daran, mit jedem Euro den du sparst, kann ein anderer Mensch nicht für so wichtige Dinge wie Essen und Trinken ausgeben und sich selbst eben auch nur ab und zu mal etwas Billiges gönnen.

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